Karin Hasler
übt mit einem Vorstoss Kritik am RAV Heerbrugg.
Wie hoch sollen die Hürden zur Erlangung des Schweizerpasses sein? Adobe Stock
Kürzlich veröffentlichte der TV-Sender Arte eine Dokumentation über das Einbürgerungsverfahren in der Schweiz. Oberriet wird dabei als besonders restriktives Beispiel gezeigt. Der Gemeindepräsident wehrt sich gegen die Vorwürfe.
Oberriet Es passiert nicht oft, dass sich ausländische Fernsehsender mit der Gemeinde Oberriet beschäftigen. Jüngst spielte diese aber die Hauptrolle in einer Dokumentation des deutsch-französischen Senders Arte. Thema war das als restriktiv beschriebene Einbürgerungsgesetz in der Schweiz. Als Beispiel einer Gemeinde, wo das Einbürgerungsverfahren besonders strikt ist, wird dabei Oberriet genannt.
Das Rathaus wird in der Dokumentation als «Ort der Ablehnung» bezeichnet. Zwei Einbürgerungswillige erheben zudem den Vorwurf, ihnen seien am Einbürgerungsgespräch diskriminierende Fragen gestellt worden. Nur, weil er nicht alle Dorfbeizen gekannt habe, sei seine Einbürgerung abgelehnt worden, sagt einer der Protagonisten.
Gemeindepräsident Rolf Huber weist die in der Dokumentation erhobenen Vorwürfe entschieden zurück. «Wenn Oberriet als Ort der Ablehnung bezeichnet wird, kann ich das nicht verstehen.» Es sei eine Unterstellung. «Solche Aussagen von Medien sind meiner Meinung nach grenzwertig und unangebracht.» Sie zeugten von schlechtem Journalismus.
Druck werde bei den Einbürgerungsgesprächen in Oberriet nicht ausgeübt und auch diskriminierende Vorurteile hätten keinen Platz, so Huber. Dass in Oberriet ein härterer Massstab angewendet wird als andernorts verneint der Gemeindepräsident ebenfalls. Da bei Einbürgerungsgesprächen der Fragebogen des Staatssekretariats für Migration (SEM) für erleichterte Einbürgerungen angewendet werde, könne sichergestellt werden, dass die Hürde für Einbürgerungen in der Gemeinde Oberriet nicht zu hoch angesetzt ist.
Brisant ist das Thema auch unter dem Gesichtspunkt, dass im Kantonsrat St.Gallen zurzeit eine Interpellation der SVP hängig ist, die eine härtere Gangart bei Einbürgerungsverfahren fordert. Schweizer Pässe dürften nicht verschenkt werden, so der Tenor im Vorstoss. Dies, zumal Eingebürgerte nicht mehr ausgewiesen werden könnten, selbst wenn sie durch Straftaten in Erscheinung treten. Dieser Schutz vor Ausweisung – und nicht gesellschaftliche und politische Teilhabe – ist nach Ansicht der SVP die Hauptmotivation, sich einbürgern zu lassen.
In ihren Fragen an den Regierungsrat deutet die SVP an, dass sie eine striktere Auslegung des geltenden Rechts oder auch strengere Einbürgerungsvorschriften begrüssen würde. Eine striktere Auslegung, wie sie in Oberriet wohl schon praktiziert wird.
Denn allen Aussagen von Gemeindepräsident Rolf Huber zum Trotz fällt auf, dass in Oberriet mehr Einbürgerungsgesuche abgelehnt werden als andernorts. Gerichte haben Negativentscheide des dortigen Einbürgerungsrats auch schon mehrfach überstimmt, um Einbürgerungen doch noch durchzusetzen. Dass die Standards in Oberriet hoch angesetzt sind, zeigt auch die Aussage des Gemeindepräsidenten: «Von Einbürgerungswilligen darf durchaus mehr Wissen erwartet werden als von einem Durchschnittsschweizer. Schliesslich haben sie, wie bei einer Prüfung, die Möglichkeit, sich auf das Gespräch vorzubereiten.»
Auch die Zahlen in den Geschäftsberichten der Gemeinde zeigen, dass die Hürden für eine Einbürgerung in Oberriet relativ hoch sind. «Hier fällt jeder Zweite durch», titelte etwa der «Blick» im Januar 2023. Dabei wurden wohl auch zurückgezogene und abgeschriebene Gesuche eingerechnet. Denn die Ablehnungsquote ist in den vergangenen Jahren deutlich tiefer, mit 23,4 Prozent aber immer noch um einiges höher als andernorts. Auch die Einbürgerungsziffer, also wie viele Einbürgerungen gemessen an der Bevölkerung durchgeführt werden, ist in Oberriet auffallend tief. Sie ist mit 0,8 Personen pro 1000 Einwohner nicht einmal halb so hoch wie beispielsweise in Au, wo 2023 1,9 Personen pro 1000 Einwohner eingebürgert wurden.
«Das Schweizer Bürgerrecht soll weiterhin ein Privileg darstellen und nicht als Geschenk beziehungsweise nur als administrativer Akt angesehen werden», sagt Rolf Huber dazu. Der Integrationswille müsse deutlich hervorgehen, damit jemand eingebürgert werde. «Und wie bei jeder Prüfung kann man diese bestehen, wenn man sich darauf vorbereitet.» Der Oberrieter Gemeindepräsident weist zudem darauf hin, dass die öffentliche Diskussion bei strittigen Einbürgerungsentscheiden oft nicht fair verläuft. Es sei sehr einfach gegen einen Einbürgerungsrat zu «schiessen». «Behörden und somit auch Einbürgerungsräte hätten sich an das Datenschutzgesetz und an das Amtsgeheimnis zu halten und dürften nicht in vollen Zügen die Akten preisgeben. «Dürfte man sämtliche Dokumente beziehungsweise die Tonbandaufnahmen öffentlich machen, sähe die Welt vermutlich etwas anders aus.»
Gianni Amstutz
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