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Ein Initiativkomitee macht sich in Rebstein gegen die Einführung des neuen Schulmodells stark (von links): Vanessa Bister, Selma Temiz, Pascal Giger, Patrick Meyer und Sven Brunner. z.V.g.
Der Schulrat Rebstein will ein neues Schulmodell einführen, um Lehrpersonen zu entlasten. Das kommt nicht bei allen gut an. Eine Gruppe aus der Bevölkerung wehrt sich mit zwei Initiativen gegen die Einführung der nach Klassen getrennten Schulhäuser, die bereits auf das kommende Schuljahr geplant ist.
Rebstein In einem Punkt sind sich sowohl der Schulrat als auch das Initiativkomitee einig: Die Lehrerinnen und Lehrer in Rebstein stossen langsam an ihre Grenzen. Als Grund nennt der Schulrat gesellschaftliche Veränderungen: Immer mehr Sprachen sowie unterschiedliche Lernstände und Verhaltensweisen prägen den Unterricht. Hinzu kommt die Digitalisierung, die ihre ganz eigenen Herausforderungen für die Lehrerschaft mit sich bringt.
«Wir anerkennen, dass Handlungsbedarf besteht, um die Lehrerinnen und Lehrer zu entlasten», pflichten Patrick Meyer und Pascal Giger dem Schulrat bei. Über den Weg, wie dieses Ziel erreicht werden soll, gehen die Vorstellungen des Initiativkomitees und des Schulrats jedoch weit auseinander. Während letzterer ein neues Schulmodell einführen will, bei dem die Schülerinnen und Schüler jeweils nach ihren Klassenstufen auf die verschiedenen Schulhäuser aufgeteilt werden, sieht die Gruppe um Meyer und Giger darin eine Gefahr für die Standortattraktivität. «Wir haben von mehreren Familien gehört, dass sie nicht nach Rebstein gezogen wären, wenn dieses neue Schulmodell bereits eingeführt worden wäre», sagt Pascal Giger.
Hauptkritikpunkt der Gegner der geplanten Regelung ist die Schulwegsicherheit. Diese würde ihrer Ansicht nach mit der Einführung des neuen Schulmodells arg in Mitleidenschaft gezogen. «Manche Schülerinnen und Schüler müssten dann einen Schulweg von über einem Kilometer zurücklegen – und das möglicherweise schon in der ersten Klasse», sagt Meyer. Zudem müssten deutlich mehr Kinder als heute die stark befahrene Hauptstrasse überqueren – ein zusätzliches Sicherheitsrisiko, wie die Initianten finden. Weil die jüngeren Kinder künftig andere Schulwege hätten als die älteren, fehlten zudem Vorbilder, an denen sie sich im Strassenverkehr orientieren könnten. Um die Einführung des neuen Schulmodells zu verhindern, haben sie zwei Initiativen lanciert. Die erste Initiative will in der Schulordnung festschreiben, dass die Kinder nach Wohnort auf die drei Primarschulhäuser verteilt werden. So wie es bereits heute gehandhabt werde, so Meyer.
Mit einer zweiten Initiative wollen sie die vom Schulrat angestrebte Entlastung auf einem anderen Weg erreichen. Dies soll durch die Einführung von Kleinklassen für Kinder mit besonderen Lernbedürfnissen gelingen. Früher waren Kleinklassen üblich. Seit 2004 verfolgt die Bildungspolitik jedoch einen inklusiven Ansatz: Kinder mit Lernschwierigkeiten oder Verhaltensstörungen besuchen seither reguläre Klassen.
Für die Initianten liegt darin der Hauptgrund für die Überforderung vieler Lehrkräfte. Zudem sei die integrative Beschulung weder für lernschwache noch für leistungsstärkere Kinder eine Bereicherung. In Kleinklassen könnten auch Schülerinnen und Schüler, die Mühe beim Lernen bekunden, Erfolge feiern, da sie nicht mit den stärkeren Kindern verglichen würden, sagt Meyer. Letztere wiederum würden davon profitieren, dass die Aufmerksamkeit der Lehrperson nicht grösstenteils von einigen wenigen Schülerinnen und Schülern absorbiert würde, wodurch sie bessere Lernfortschritte erzielen könnten. Und nicht zuletzt würden auch die Lehrerinnen und Lehrer entlastet, die im heutigen System auch aufgrund von integrativen Klassen stark durch administrative Arbeiten, wie etwa Abklärungen in Bezug auf disziplinarische Massnahmen oder Auffälligkeiten von Kindern, gefordert werden. Von der Einführung von Kleinklassen, so die Überzeugung der Initianten, würden letztlich alle profitieren.
Aktuell werden die Initiativen auf ihre Zulässigkeit geprüft. Nur falls diese positiv verläuft, könnte die Unterschriftensammlung beginnen. Meyer und Giger zeigen sich schon jetzt zuversichtlich, genügend Unterschriften zu sammeln. Bereits an der Informationsveranstaltung habe sich gezeigt, dass viele Rebsteinerinnen und Rebsteiner ihre Bedenken teilten, sagt Pascal Giger. Deshalb rechnet sich das Initiativkomitee auch bei einer allfälligen Urnenabstimmung gute Chancen aus. Die Initianten zeigen sich aber gesprächsbereit. «Wir würden es schätzen, wenn uns der Schulrat zu einem Gespräch einladen würde. Vielleicht könnten wir so bereits eine Lösung finden», sagt Meyer.
Und der Schulrat? Der hüllt sich vorerst in Schweigen. Weder Fragen zu den Vorteilen des neuen Schulmodells, noch solche zu allfälligen Problemen aufgrund der längeren Schulwege will der Schulrat zu diesem Zeitpunkt beantworten.
Er verweist dabei auf das laufende Verfahren, weshalb man derzeit keine öffentliche Stellungnahme abgeben wolle. Während man also gegenüber Medien und der Öffentlichkeit aktuell keine Erklärung abgeben will, zeigt sich der Schulrat gegenüber den Initianten durchaus gesprächsbereit. Ein runder Tisch sei bereits terminiert, heisst es auf Anfrage. Es ist also möglich, dass es bereits vor einer allfälligen Unterschriftensammlung zu einer Lösung im Streit um das neue Schulmodell kommt.
gia
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