Elia Gsell
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Mit der Eröffnung des neuen Bundesasylzentrums soll sich die Lage in Altstätten entspannen.
Visualisierung: Blumer Lehmann
Drei Rheintaler Kantonsräte fordern Massnahmen wegen Vorfällen beim Übergangszentrum in Altstätten. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) sieht zwar keinen akuten Handlungsbedarf, verstärkt die Sicherheitspräsenz am Bahnhof dennoch. Zudem setzt der Bund auf Prävention und Beschäftigungsprogramme.
Altstätten Drei Rheintaler Kantonsräte haben jüngst im Kantonsrat einen Vorstoss zur Sicherheit rund um das geplante Bundesasylzentrum (BAZ) in Altstätten eingereicht. Sie begründen ihre Interpellation mit Vorfällen im Umfeld des bisherigen Übergangsstandorts an der Bleichemühlistrasse, wo es zu Gewalttaten, Sachbeschädigungen und Bedrohungen gekommen sei. Doch wie brenzlig ist die Lage aktuell in Altstätten tatsächlich? Der «Rheintaler Bote» hat beim zuständigen Staatssekretariat für Migration (SEM) nachgefragt.
Das SEM beurteilt die Lage etwas anders als die drei Rheintaler Kantonsräte. Dem Bund lägen keine Hinweise vor, dass seitens der Polizei oder der SBB-Transportpolizei zusätzlicher Handlungsbedarf signalisiert worden sei, sagt Mediensprecherin Magdalena Rast. Grundsätzlich sei aber die Kantonspolizei für die Sicherheit ausserhalb des Zentrums zuständig – und nicht der Bund.
Das SEM setzt aber auch eigene Sicherheitsdiente ein, um die Polizei zu entlasten. Innerhalb des Zentrums ist dies die Securitas AG, in den angrenzenden Quartieren und am Bahnhof Altstätten sind Patrouillen der VüCH AG unterwegs. Wird das SEM von Polizei oder Anwohnenden auf «Hotspots» aufmerksam gemacht, passt es den Einsatzplan der Aussenpatrouillen an.
Der Handlungsspielraum dieser Patrouillen ist jedoch stark begrenzt, wie Magdalena Rast ausführt. Dies, weil das Gewaltmonopol bei der Polizei liege. «Körperlicher Zwang ist nur in akuten Notsituationen – etwa bei Gefahr für Leib und Leben – erlaubt.» In allen anderen Fällen werde die Polizei beigezogen. Die beauftragten Sicherheitskräfte hätten vor allem präventive Aufgaben und dienten der Sensibilisierung. Auch sonst setzt der Bund vor allem auf Prävention. So arbeiten im Zentrum in Altstätten etwa speziell geschulte Gewaltpräventionsbetreuende, die Konflikte frühzeitig im Dialog entschärfen sollen.
Im Frühjahr 2026 soll der Neubau an der Luchsstrasse in Betrieb gehen. Obwohl dann die Kapazität von aktuell 340 auf 390 Plätze steigt, verspricht man sich beim Bund davon Verbesserungen, gerade auch im Bezug auf die Sicherheit. «Erfahrungsgemäss erhöhen enge Platzverhältnisse das Konfliktpotenzial. Im Neubau sind die räumlichen Bedingungen deutlich grosszügiger, sowohl innen als auch aussen», so Rast. Hinzu komme der Standort ausserhalb von Wohnquartieren, was als Vorteil gewertet wird.
Rast ist es in der Diskussion rund um staffällige Asylbewerberinnen und -bewerber wichtig zu betonen, dass es sich dabei nur um eine kleine Minderheit handle. «Die ganz grosse Mehrheit verhält sich korrekt.» Werden trotzdem Straftaten festgestellt, verfolgt man beim SEM eine Nulltoleranz-Politik: Diese würden konseqzent zur Anzeige gebracht. «Wir tolerieren kein kriminelles Verhalten einzelner Asylsuchender.» Dies nicht nur, um die Bevölkerung zu schützen, sondern auch die anderen Asylsuchenden. Gerade Asylsuchende, die mehrfach Delikte begehen, würden dem Ruf aller anderen und der Akzeptanz des Asylsystems nachhaltig schaden, so Rast. «Um diesem Verhalten zu begegnen, führen wir zusammen mit den Kantonen Runde Tische durch mit dem Ziel, gezielter gegen solche Intensivtäter vorzugehen und sie wenn immer möglich in Gewahrsam zu nehmen.» Zudem habe das SEM zusammen mit den Partnerbehörden in den Kantonen eine Task Force eingesetzt, die das gleiche Ziel verfolgt.
Unlängst machte ein Entscheid des SEM Schlagzeilen, dass die Patrouillen rund um das Bundesasylzentrum Kreuzlingen verstärkt werden. Auch dort klagten Anwohenende ihr Unbehagen aufgrund vermehrter Einbrüche, Überfälle, Lärmbelästigungen und Sachbeschädigungen im Umfeld des Zentrums.
Auch wenn das SEM die Lage in Altstätten grundsätzlich nicht als problematisch einschätzt, wurde nun auch hier gehandelt. In Absprache mit der Stadt seien die Einsatzzeiten der Aussenpatrouillen am Bahnhof per September verlängert worden. Generell werde das Dispositiv an jedem Standort laufend überprüft.
Bereits 2012 analysierte das SEM die Auswirkungen seiner Bundesasylzentren auf die Standortgemeinden. Als mögliche Massnahme für viele der damals geäusserten Probleme wurden Beschäftigungsmöglichkeiten für die Asylsuchenden eruiert.
Solche bilden auch heute noch einen Schwerpunkt. Das Betriebskonzept des Bundes sieht vier Stunden Beschäftigung pro Werktag vor. In Altstätten gibt es bereits heute ein breites Angebot: Es gibt Freizeitprogramme wie Sport, Basteln, Kochen oder Ausflüge, spezifische Angebote für Kinder und unbegleitete Minderjährige sowie Deutschkurse – ab Oktober sogar täglich.
Hinzu kommen interne gemeinnützige Beschäftigungen in Küche, Waschküche oder Kleiderausgabe sowie externe Einsätze, etwa bei Littering-Bekämpfung, Forstarbeiten oder Unterhaltsarbeiten in umliegenden Gemeinden. Dafür bestehen Vereinbarungen mit Kommunen, Pro Natura oder Forstrevieren.
Diese Programme hätten sich bewährt, betont das SEM. Sie ermöglichten den Asylsuchenden eine sinnvolle Tätigkeit während der Wartezeit auf den Asylentscheid und kämen gleichzeitig der Allgemeinheit zugute. «Das wirkt sich positiv auf die Akzeptanz in der Bevölkerung aus», so Rast.
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